Vegane Ernährung? Lieben wir! Und das geht nicht nur mir so und vielleicht auch dir, sondern auch vielen anderen Menschen, in Deutschland Stand 2024 1,47 Millionen. Sowohl aus ethischen als auch aus gesundheitlichen Gründen werden viele Leute vegan oder ernähren sich in großen Teilen pflanzenbasiert. Studien zeigen Vorteile im Hinblick auf das Herz-Kreislauf-System, das Diabetesrisiko und das Gewicht. Doch was bedeutet eine pflanzenbasierte Ernährung für die Knochengesundheit? Mehrere aktuelle Studien werfen die Frage auf, ob Veganismus mit einem erhöhten Risiko für eine geringere Knochendichte (BMD) und damit einhergehenden Frakturen einhergeht.
Wissenschaftlicher Hintergrund
Eine umfassende Meta-Analyse von Iguacel et al. (2019) kommt zu dem Schluss, dass sowohl Vegetarier*innen als auch Veganer*innen im Vergleich zu Omnivor:innen eine signifikant geringere Knochendichte an Lendenwirbelsäule, Oberschenkelhals und im Gesamtkörper aufweisen. Besonders bei Veganer*innen zeigte sich zusätzlich ein erhöhtes Frakturrisiko.
Auch eine Analyse aus 2020 (Karavasiloglou et al., 2020) ergab zunächst niedrigere BMD-Werte bei Vegetarier*innen. Allerdings verschwanden diese Unterschiede weitgehend, wenn Faktoren wie Körpergewicht (durch den BMI) und der Taillenumfang mit einberechnet wurden. Das legt nahe, dass ein Teil des Risikos nicht direkt auf die Ernährung, sondern auf das meist niedrigere Körpergewicht vegan lebender Personen zurückzuführen ist.
Weitere, aktuelle Analysen (Ogilvie et al., 2022) zeigen hingegen, dass insbesondere Veganer*innen selbst bei Kontrolle von Calcium-, Proteinaufnahme und BMI ein deutlich erhöhtes Risiko für Frakturen aufweisen – insbesondere für Hüft-, Bein- und Wirbelfrakturen. Das deutlich erhöhte Risiko – bei Hüftfrakturen fast dreimal so hoch wie bei Mischköstlern – zeigt, wie ernst die Auswirkungen sein können.
Mögliche Ursachen
Die Ursachen für die beobachteten Unterschiede sind multifaktoriell:
- Calcium- und Vitamin-D-Zufuhr: Viele vegan lebende Personen nehmen ohne gezielte Planung im Durchschnitt weniger Calcium und Vitamin D auf als Mischköstler*innen. Das liegt vor allem daran, dass einige pflanzliche Lebensmittel zwar gute Calciumquellen sind (z. B. Grünkohl, Pak Choi, angereicherte Pflanzendrinks), diese aber nicht immer regelmäßig oder in ausreichender Menge konsumiert werden. Auch unter Omnivor*innen kommt Calciummangel vor, insbesondere wenn Milchprodukte gemieden werden oder ein generell unausgewogenes Essverhalten vorliegt.
- Geringere Proteinzufuhr: Eine unzureichende Proteinzufuhr kann sich negativ auf die Knochengesundheit auswirken, da Proteine unter anderem den Muskelstoffwechsel unterstützen. Vegane Ernährung liefert ausreichend Proteine, wenn gezielt auf eiweißreiche pflanzliche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Tofu, Tempeh, Nüsse oder Seitan geachtet wird. Problematisch ist weniger die Ernährungsform an sich, sondern eher eine unbewusste Unterversorgung durch mangelnde Planung.
- Vitamin B12, Zink und Omega-3-Fettsäuren: Diese Nährstoffe kommen hauptsächlich in tierischen Produkten vor und fehlen bei unzureichender Supplementierung. Vitamin B12 sollte regelmäßig über Nahrungsergänzungsmittel zugeführt werden (z. B. als Tabletten, Tropfen oder angereicherte Zahnpasta). Omega-3-Fettsäuren lassen sich gut über Algenölpräparate abdecken. Zink kann bei nachgewiesenem Mangel oder Risiko ebenfalls supplementiert werden, vorzugsweise in Form organischer Verbindungen wie Zinkgluconat oder Zinkcitrat.
- Niedriger BMI: Ein geringes Körpergewicht bedeutet weniger mechanische Belastung der Knochen – das kann die Knochenneubildung verringern und die Stabilität langfristig negativ beeinflussen.
- Mikrobiom und endokrine Faktoren: Erste Studien deuten darauf hin, dass auch Unterschiede in der Darmflora und im Hormonhaushalt eine Rolle spielen könnten. Zwar gilt das Mikrobiom vegan lebender Menschen durch den hohen Ballaststoffanteil oft als besonders gesund, doch bestimmte Veränderungen – etwa bei Bakterien, die an der Calciumverwertung oder am Östrogenstoffwechsel beteiligt sind – könnten die Knochengesundheit dennoch beeinflussen. Die Forschung hierzu steckt allerdings noch in den Anfängen.
Was kann man tun?
Eine gut geplante vegane Ernährung muss nicht automatisch zu einer schlechteren Knochengesundheit führen. Wichtig sind:
- Nährstoffsicherung:
- Tägliche Zufuhr von Calcium über angereicherte Produkte oder Nahrungsergänzungsmittel
- Sicherstellung ausreichender Vitamin-D-Spiegel (Sonne, Supplementierung)
- Ausreichende Proteinzufuhr aus pflanzlichen Quellen wie Hülsenfrüchten, Tofu, Seitan
- Supplementierung von Vitamin B12, ggf. auch Zink und Omega-3-Fettsäuren
- Körperliche Aktivität:
- Besonders Krafttraining kann den Knochenstoffwechsel stärken
- Regelmäßige Kontrollen:
- Messung der Knochendichte (DXA) bei Risikopersonen
Fazit
Auch wenn vegane Ernährung zahlreiche gesundheitliche Vorteile bietet, sollte die potenzielle Auswirkung auf die Knochengesundheit nicht unterschätzt werden. Die Studienlage zeigt: Das Frakturrisiko ist insbesondere bei Veganer*innen real, aber durch gezielte Ernährungs- und Lebensstilmaßnahmen durchaus reduzierbar. Eine evidenzbasierte Beratung ist der Schlüssel.
Mehr zum Schlüsselemenet für gesunde Knochen findest du im Beitrag Optimierte Calciumzufuhr in der veganen Ernährung: Tipps für eine gesunde Balance und speziell zur Knochengesundheit in der veganen Sporternährung habe ich den Artikel Vegane Ernährung und Knochengesundheit: Wissenschaftliche Einblicke und praktische Empfehlungen für Sportler*innen geschrieben.
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Bild bearbeitet mit: Canva | Erstellung des Beitrags mit Unterstützung von ChatGPT 4o und GPT-4-o1
Quellen
Iguacel, Isabel, et al. „Veganism, vegetarianism, bone mineral density, and fracture risk: a systematic review and meta-analysis.“ Nutrition reviews 77.1 (2019): 1-18.
Ogilvie, Anna R., et al. „Fracture risk in vegetarians and vegans: the role of diet and metabolic factors.“ Current Osteoporosis Reports 20.6 (2022): 442-452.
Karavasiloglou, Nena, et al. „Differences in bone mineral density between adult vegetarians and nonvegetarians become marginal when accounting for differences in anthropometric factors.“ The Journal of nutrition 150.5 (2020): 1266-1271.